Geschlechterdarstellung durch Emojis – inspiriert von der Kampagne #WieEinMädchen

von Didem Leblebici

Wort des Jahres 2015 von Oxford: Face With Tears of Joy on Apple iOS 9.3

Ist dieses gelbe Gesicht männlich oder weiblich? Sollte es ein Lippenstift oder lange Haaren haben, um weiblich zu wirken? In diesem Essay möchte ich die Geschlechterdarstellung durch Emojis auf der Basis der Kampagne von Always #likeagirl (#wieeinmädchen) diskutieren.

„Emoji: A small digital image or icon used to express an idea or emotion in electronic communication.“ definiert Oxford Dictionary. Ursprünglich kommt das Wort aus dem Japanischen: ‚e‘ bezeichnet das Bild und ‚moji‘ das Zeichen1. Auch eine neue Art der Selbstdarstellung und sogar als eine alternative Sprache mit besonderen Symbolen kann man Emojis definieren.

Zuerst möchte ich kurz erklären, was Always macht/machen möchte mit dieser Werbungserie.

Always hat ein neuer Trend mit dem Hashtag „#likeagirl“ entwickelt, um das Selbstbewusstsein der Mädchen während der Pubertät zu verstärken. Sie fokussieren besonders auf Sport und wollen Mädchen ermutigen, so dass sie nicht aufhören weiter zu machen und ein sicheres Gefühl haben, wenn sie Sport treiben. Sie nennen das als ihre Mission und dazu führen sie verschiedene Projekte durch. Videos drehen sie oder veröffentlichen Texte (z.B. für Mütter, damit sie ihre Töchter helfen können, ein starkes Selbstbewusstsein zu entwickeln).2

Einer davon ist über die Geschlechterrepräsentation der Emojis. Das Video3 wurde fast 19 Millionen Mal gesehen, hat ungefähr 8 tausend Kommentare bekommen und ist nämlich „viral“ geworden. Im Video geht es um Meinung der Mädchen, die nachgefragt werden, ob Emojis sie repräsentieren.

Jede Befragte zeigt eine andere Emoji-Serie (Pink-Serie, Beruf-Emojis, Sportler-Emojis usw.) und sagt ihren Kommentar dazu. Alle fokussieren auf dem Punkt, dass es keine Sportler-oder Beruf-Emojis für Mädchen gibt, sondern nur „hübsch“ aussehende, klischeehafte Emojis um sie zu repräsentieren. Anders gesagt, dass Emojis Mädchen in Schubladen stecken und sie stereotypisieren. Um diese Unterrepräsentation zu vermeiden, schlägt Always mit den Befragten Mädchen-Emojis vor, die zeigen, „wie großartig Mädchen sind.“

Aber ich möchte weiterfragen: Wie versteht man überhaupt, ob eine Emoji (oder eine Emoji-Serie) weiblich oder männlich ist? Und warum kategorisiert man eine Emoji unbedingt entweder weiblich oder männlich?

Im Folgenden möchte ich diesen Aspekt anhand dieses Videos analysieren.

Bride With Veil on Apple   Haircut on Apple iOS 9.3  Woman With Bunny Ears on Apple   Face Massage on Apple iOS 9.3  Happy Person Raising One Hand on Apple iOS 9.3

Lass uns zuerst schauen, was sie als Mädchen-Emojis genannt haben. Wir haben eine Pink-Emoji Serie die verschiedene Handgeste, Haarschnitt, Nagellack oder tanzende Personen darstellen. In dieser Serie haben Emoji-Gesichter lange blonden Haare, die sich wahrscheinlich auf Mädchen beziehen. Auch am Ende des Videos gibt es Vorschläge für Mädchen-Emojis, welche Emojis lange Haaren mit verschiedenen Hautfarben haben. Kein Gesichtsausdruckwechsel.

Nail Polish on Apple iOS 9.3 Was auch sehr interessant bei der Kategorie „Mädchen-Emojis“ ist die Nagellack-Emoji. Obwohl es bei dieser Emoji kein Gesicht und/oder Haare zum Sehen ist, kategorisiert man es als Mädchen-Emoji wahrscheinlich, weil Nagellack als ein Kosmetikartikel benutzt wird.

Bicyclist on Apple iOS 9.3Mountain Bicyclist on Apple iOS 9.3 Als ein anderes Beispiel der langhaarigen Emojis möchte ich die Fahrräder-Emojis betonen. Einmal haben wir die originale Version der Emoji, wo zwei Personen mit einem Fahrrad fahren, kein Gesichtsausdruck oder Haare zu Sehen. Dann sehen wir im Folge des Videos eine Fahrradfahrerin-Emoji als Vorschlag. Was diese Emoji „weiblich“ macht, ist auch das selbe Merkmal, nämlich die Haarlänge. (Pferdeschwanzfrisur ist zu Sehen)

Aus der Sicht dieser Kampagne ist das entscheidende Merkmal der Mädchen-Emojis bis jetzt lange Haare oder Benutzung eines Kosmetikartikels. Soweit kann man klar sagen, dass es bestimmte Deutungsmuster der Zweigeschlechtigkeit gibt, die unsere Wahrnehmung strukturieren. Unter dem Begriff ‚doing gender‘ fassen Kessler/McKenna (1978) dieses „Alltagwissen (bzw. die Normalität)“ der Geschlechterdifferenz sehr gut zusammen:

-> „Es gibt zwei und nur zwei Geschlechter. (weiblich und männlich)“
-> „Jede Person muss einem Geschlecht zuzuordnen sein. (es gibt kein „geschlechtslosen“ Fälle)“4
Deswegen setzt man jede Emoji unbewusst und unbedingt in einer Kategorie, entweder männlich oder weiblich, obwohl Emojis nur gelbe Personenzeichen sind, die zum Beispiel bei den Sportler-Emojis nur Handlung darstellen sollen. Unter Rückbezug von Judith Butler finde ich diese Kategorisierung der Emojis ontologisch, das heißt, dass diese Setzungen nicht eine neutrale Beschreibung im Sinne einer Abbildung von Realität sind. Sie tun so, als wären sie irreduzible, nicht weiter hinterfragbare, selbstevidente, wahre Essenz.4 Auch wie in diesem Fall ist es klar, dass manche Emojis unbedingt Mädchen und die andere unbedingt Jungen bezeichnen.

Surfer on Apple iOS 9.3

Und was ist mit den „Jungen-Emojis“? Durch das Video nennt man immer Sportler-Emojis als männlich. Eine sehr interessante Emoji haben sie auch dazu für das Video gewählt: Surfer-Emoji. Wenn man genauer hinschaut bei dieser Emoji, sieht man eine lang-und blondhaarige Person, wobei kein Gesichtsausdruck und/oder kein bestimmter Körperteil klar zu Sehen ist. Deswegen sagt die Befragte zuerst, dass es eine Mädchen-Emoji ist und danach wechselt sie ihre Meinung: „Nein, ein Junge mit langen Haaren.“

Obwohl man langhaarige Emojis als weiblich benannt hat, ist es ganz anders bei der Surfer-Emoji. Wie ist das so?

Wenn wir uns an den Anfang des Essays zurückkehren, werden wir uns erinnern, dass Oxford eine Emoji als Wort des Jahres gewählt hat. Daher kann man ruhig sagen, dass Emojis eine neue Sprachform bilden. Wie Paula-Irene Villa sehr gut gefasst hat, ist Sprache die Erzeugung von Sinn,4 oder auch anders gesagt von Goffman: „Ein Wort anzubieten bedeutet eine Welt anzubieten.“4 Daher liegt die Bedeutung, die diskursive Kategorien beinhalten, eben nicht in der ‚Natur der Dinge selbst‘, sondern in veränderbaren Interpretationen.

In unserem Fall interpretiert man diese ‚Emoji-Sprache‘ in verschiedenen Art und Weisen. Bei dem Beispiel ‚Surfer-Emoji‘ beobachtet die Befragte zuerst das physische Merkmal des Bezeichnenden, nämlich Haarlänge. Durch die „Lange Haare = weiblich“ Kodierung interpretiert sie die Emoji als weiblich. Danach glaubt sie nicht mehr, dass es weiblich ist, ohne einen Grund zu nennen. Könnte diese Emoji auch nicht eine langhaarige Frau sein? Vielleicht kommt sie zu der Meinung, dass es männlich ist, von der Kodierung „Sportler-Emoji = männlich“. Aber dann musste man von der Reflexivität sprechen, weil sich die Befragten auch selbst wieder stereotypieseren.

Genau der Punkt der Reflexivität möchte ich noch betonen. Eine Kampagne, die als Ziel Gleichberechtigung der Geschlechter setzt, bezeichnet alle Sportler-Emojis als männlich und alle Pink-Emojis als weiblich. Danach schlägt sie neue Mädchen-Emojis vor, die lange Haare haben. Was Always auch mit dieser Kampagne gemacht hat, ist quasi wieder Kategorisierung der Emojis auf einer ontologischen Ebene. Auch wenn sie gemeint haben, dass Emojis Mädchen in Schubladen stecken, haben sie leider gewissermaßen dasselbe gemacht.

Nach meiner persönlichen Sicht haben Emojis kein bestimmtes Geschlecht, weder weiblich noch männlich (oder auch dazwischen). Auf der Ebene der sogenannten „Normalität“ oder des Alltagswissens ist es ein klarer Widerspruch, weil man jede Person und auch jede Emoji unbedingt einem Geschlecht zuordnen will, wie auch obengenannt. Daher kann man das natürlich weiterdiskutieren, ob es überhaupt möglich ist, eine Emoji geschlechtslos zu betrachten.

 

Quellen
1- Oxford Dictionaries
http://www.oxforddictionaries.com/de/definition/englisch/emoji
2- Always #likeagirl
http://www.always.de/de-DE/likeagirl.aspx
3- Always #WieEinMädchen – Mädchen-Emojis (2016)
https://www.youtube.com/watch?v=BFdCD-LLfzE
4- Villa, Paula-Irene (2006): Sexy Bodies: Eine Soziologische Reise durch den Geschlechtskörper. Wiesbaden: VS Verlag, 3. Aufl. S. 142-145 u. 87-88
Die Welt (2015): Das Wort des Jahres ist klein, gelb und weint
http://www.welt.de/kultur/article148931545/Das-Wort-des-Jahres-ist-klein-gelb-und-weint.html